Chiropraktik und Schulmedizin
Eine kurze Geschichte über einen langen Weg

Das Standing der Chiropraktik im Mainstream der Medizin

Noch vor 30 – 40 Jahren sahen sich Chiropraktoren in den USA (dem Mutterland der Chiropraktik) einer Verschwörung der amerikanischen „Schulmedizin“ gegenüber. Chiropraktoren wurden öffentlich als Scharlatane diffamiert, als „unwissenschaftlicher Kult“ bezeichnet. Es wurde Ärzten in nationalen Kampagnen davon abgeraten, mit Chiropraktoren in professionelle Zusammenarbeit zu treten. Darüber hinaus wurde der Zugang zu finanziellen Fördermaßnahmen für die Forschung, sowie deren Durchführung und Veröffentlichung massiv torpediert. Bereits existierende, positive Forschungsergebnisse über die Chiropraktik wurden verschleiert und kaschiert.

Diese langfristige, systematische Schikane mündete letztendlich in einem 14 Jahre (!!!!!) andauernden, nationalen Rechtsstreit, welcher als Wilk et al vs. The American Medical Association (AMA) in die Geschichte einging. Es konnte belegt werden, dass die AMA systematisch das Ziel verfolgte, die Berufsgruppe der Chiropraktoren zu unterminieren, diskreditieren und langfristig zu zerstören. Es wurde gerichtlich beschlossen, dass die AMA durch ihr Handeln gegen das amerikanische Gesetz, genauer, den Sherman Antitrust Act verstoßen hatte. Der Sherman Antitrust Act aus dem Jahr 1890 erklärt jede Art von Trust oder Absprache zur Einschränkung der Handelsfreiheit für Illegal und ist Grundlage des Wettbewerbsrechts in den USA.

Das Urteil beinhaltete neben einer erheblichen finanziellen Entschädigung, die Verpflichtung der AMA, sich zu ihrem Handeln zu bekennen und alle Mitglieder der AMA über das Gerichtsurteil zu informieren.

Was hat sich seit dem Ende des Prozesses 1990 verändert?

Klare Antwort: Wahnsinnig viel! Seit der Veröffentlichung der gerichtlichen Befunde und deren Schlussfolgerungen sind Meilensteine in der öffentlichen und professionellen Akzeptanz erreicht worden. Es gibt Chiropraktoren an Lehrstühlen staatlicher Universitäten der USA, die Anzahl wissenschaftlicher Studien / Publikationen zur Chiropraktik ist seit 1990 förmlich explodiert (siehe Grafik). Manipulationstechniken der Wirbelsäule (das Steckenpferd der Chiropraktik) werden in vielen nationalen, sowie internationalen medizinischen Richtlinien zur Behandlung von Rückenschmerzen empfohlen. Es gibt ein stetiges Wachstum in der Zusammenarbeit zwischen Chiropraktoren, Ärzten und anderen Heilberuflern.

In Deutschland ist unser Standing nach wie vor schwer. Hier sind wir nicht angesehen als Mitglieder der mittlerweile drittgrößten medizinischen Fachrichtung der Welt, sondern sind als Heilpraktiker undefiniertes Mitglied der „alternativen Medizin“. Mit gerade einmal 200 studierten Chiropraktoren in Deutschland, ist es natürlich auch wahnsinnig schwer etwas daran zu ändern.

Ich denke, dass wir ein Stück weit dem Weg vertrauen müssen, den unsere Profession global geht. Je besser wir uns international in der Forschung und in der Gesetzgebung einzelner Länder etablieren, desto leichter wird es uns fallen, auch in Deutschland als souveräne, evidenzbasierte Profession wahrgenommen zu werden. Egal ob im Austausch mit Medizinern, Krankenversicherungen oder Politikern.

Letztendlich ist das Beispiel der USA – neben einer spannenden Geschichte – auch ein gutes Beispiel dafür, wieviel sich in der Medizin innerhalb einer Generation verändern kann.

Im Anhang finden Sie einen Zeitungsartikel aus der New York Times von 1987 zum Gerichtsurteil von Wilk et al vs. AMA:

https://www.nytimes.com/1987/08/29/us/us-judge-finds-medical-group-conspired-against-chiropractors.html